Entschuldigung nach Wien für qualifizierte Entwendung zum Gebrauch
Ja ich weiss, das will jetzt doch niemand mehr hören, ich schreib das auch für mich, das liest eh keiner hier und sonst bleibts unter uns, versprochen? Aber ich muss das einfach mal wieder los werden, weil es auch nicht mehr gegen mich verwendet werden kann, aber das verfolgt mich einfach meiner Lebtage lang. Ich wollte ihn ja davon abhalten, aber was konnte ich machen, er war zwei Jahre älter, mein einziger Bruder und ich immer der Meinung, dass er schon noch auf den rechten Weg kommt. Er ist dann aber leider mit 40 im Knast in Peru, unter unbekannten Umständen gestorben. Also Papa hatte ja einen Mercedes gekauft, einen 300 SE W108 in blau metallic, gebraucht, 7-jährig. Der ging aber kaputt, bevor wir nach Wien in Urlaub fahren konnten, und so fuhren wir dann halt mit Mamas Taunus, auch ein guter Wagen, aber mein Bruder war so sauer, dass er den ganzen Weg kein einziges Wort gesprochen hat. Bloss mir hat er gesagt: "...und ich werde in Wien Mercedes fahren!" Da wusste ich, was auf mich zukommen würde, Scheisse, und gleich am ersten Abend: "Ich geh mal schnell in die Stadt", er war ja schon im ersten Lehrjahr, 16, Schlosser, und ich:" Ich komm auch mit", Mutti: "Ja aber passt auf", Papa: "Keine Dummheiten und kommt nicht zu spät", also mit der Strassenbahn vom 22sten in die Innenstadt, ich ihm auf den Fersen: "Machs nicht, die erwischen dich, die buchten dich gleich ein", er: "Geh nach Hause oder halt die Klappe", und so gings dann ein Weilchen, bis wir beim Sacher vorbei kamen, wo eine ganze Reihe Autos vorne an parkiert waren, so mit Livrierten, Türe aufhalten, Küss die Hand gnä Frau, angenehmen Abend Herr Obergeheimrat, nettes Ambiente. Ich habs erst gar nicht getscheggt bis er mir sagte: "Pass auf, wenn du mitfahren willst, wartest du an der Ecke, wenn ich wegfahre, rennst du hinten ums Haus, und ich lad dich dann ein, oben an der Strasse". Ich wollte ihn nochmals anflehen, aber da war er schon weg, in seinem schwarzen Samtsakko, und ich konnte nur noch zusehen, wie er doch tatsächlich einfach in einen Mercedes einstieg, und einer der zwei Portiers machte noch einen Schritt auf ihn zu: "Heeehh, wos moachends!" Aber dann war er schon weggfahren. Gone in 10 seconds. Ich also völlig verzweifelt, will nach Hause, laufe rum ums Haus, es hatte viel Verkehr, irgendwie vierspurig, hatte er schon gewendet und hält mitten auf der Strasse, Türe auf: "Los steig ein, oder willst du nach Hause laufen, lass uns fahren!" Also rein in die Karre und gleich wieder am Sacher vorbei, im Stau, aber er grinst noch rüber: "Schönen Abend die Herrschaften, ist halt dumm, Schlüssel stecken lassen" und dann gleich auf die Autobahn, war ja ein 280 SE 3.5 Liter V8, handgeschaltet, Schiebedach, weiss, Sperrdiff, Wiener Kennzeichen, und nur Porsches waren schneller. "Gehört bestimmt nem alten Nazi, macht nichts, Scheiss-Nazis!", hat er mich getröstet. Am zweiten Morgen war das Auto dann nicht mehr auf seinem Parkplatz da beim Wäldchen, war gefunden worden, unbeschädigt, Tank halb voll, und ich wusste mal wieder, was Angst bedeutet. Zwei Jahre später ist Vater gestorben, 47, Krebs. Scheissleben, was dann kam.
Dänel - 2011.01.13, 15:00
Anja-Pia - 2011.01.14, 16:03
Entschuldigung angenommen, aber verschone ja MEIN Auto! ;-)
Dänel - 2011.01.14, 19:00
Ja, mach ich, ich bevorzuge generell deliktfreies Leben ;-) und Danke, auch für den ersten Kommentar hier bei mir, liebe Grüsse nach Wien